Leben in den Jahren um 1968

Die Jahre um 1968 - diese Worte bringen für die Schweizer, die in dieser Zeit gelebt haben, viele Erinnerungen zurück. Man denkt natürlich an die Protestaktionen in der Stadt Zürich und an den technologischen Wandel, aber wie war das, in dieser Zeit zu erleben ?

 

Ich hatte die Gelegenheit, mit einer Dame darüber zu sprechen. Diese Dame ist für mich das Bild einer vollkommenen Feministin während dieser Zeit. Sie ist für mich ein Modell für Mut und Stärke. Ihr Name: Gerda Obrist.

 

Jeden Mittwoch haben wir uns getroffen im Altersheim Wildbach. Manchmal spielten wir Spiele, manchmal gingen wir Kuchen essen oder spazierten wir in der Nähe von Wildbach und manchmal haben wir einfach über alles und nichts gesprochen. Am Anfang, war diese Stunde jede Woche nur eine Zeit für mich, Deutsch zu üben, aber sehr schnell wurde diese Zeit zu einer echten Freude und ich freute mich darauf.

 

Gerda kommt aus Deutschland, wo sie während sechzehn Jahren lebte. Nachher zog sie nach Lausanne, wo sie ihren Mann getroffen hat. Sehr schnell haben sie sich verlobt und verheiratet. Die Familie wuchs, zwei Töchter wurden geboren und nach einiger Zeit zogen sie nach Zürich. Heute hat Gerda eine Wohnung im Altersheim und hat sich daran gewöhnt. Sie ist niemals inaktiv und hat jede Woche etwas zu erzählen über ihr Wochenende.

 

Zurück zu unserem Thema : Gerda erzählt, dass man von Jungendlichen hörte, die auf der Strasse von Zürich demonstrierten. Diese junge Leute protestierten gegen die Unehrlichkeit der Schweizer Verwaltung und wollten, dass ihre Stimme gehört wurde. Aber heute, sagt Frau Obrist, sind diese Leute, die in ihrer Jugend gegen Bürokratie protestierten, genau die gleichen wie ihre Vorgänger.

 

Aber Gerda hat diese Jahre nicht in Zürich sondern in Lausanne gelebt. Mit einem frechen Lächeln sagt sie zu mir: «Fast alles was ich dir erzähle über die Jahre um 1968 habe ich auf Wikipedia gelesen.»

Aber sie erzählt, dass diese Zeit auch für sie eine Zeit voller persönlicher Kämpfe und Erfolge war. In einer Zeit, in der wenige Frauen arbeiteten, begann sie trotz der Einwände ihres Ehemannes und ihres Vaters zu arbeiten. Deswegen habe ich viel gelernt über Stärke und dafür danke ich ihr von ganzem Herzen.

 



Gerda Obrist und Sarah Moy de Vitry